Auktionshaus

Auktion: Evening Sale - Zeitgenössische Kunst

27. November 2023, 19:00 Uhr

0033

Hermann Nitsch*

(Wien 1938 - 2022 Wien)

„Relikt“
2001
Acryl, Blut auf Stoff; gerahmt
230 x 169 cm
Signiert und datiert links am Rand: Hermann Nitsch, 2001

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Eine Expertise der Nitsch Foundation liegt bei.

Schätzpreis: € 80.000 - 160.000
Auktion ist beendet.

2001 ist dieses Aktionsrelikt entstanden, ein Schüttbild in Blut und Acryl. Das bräunlich oxidierte Blut bedeckt vor allem im oberen Bereich große Teile des Stoffs, während sich die rote Acrylfarbe, die den Eindruck frischen Bluts vermittelt, relativ luftig in nur einem Schüttvorgang in der obersten Bildschicht verteilt. Trotz dieser zarten, fast schwebenden Komposition ist die Vehemenz des Schüttvorgangs deutlich spürbar. Die Unmittelbarkeit des Geschehens überträgt sich direkt auf den Stoff. Genau diese unglaubliche Dynamik, die Lebendigkeit der spritzenden und rinnenden Farbe, holen den Malakt ins Jetzt hinein. Es ist nichts Vergangenes, eine lang zurückliegende Aktion eines Künstlers, die wir hier zu sehen vermeinen, sondern wir haben das Gefühl, dass dieser Malakt gerade erst geschehen ist. Nur das gebräunte Blut verweist auf einen länger zurückliegenden Entstehungszeitraum und steht somit nicht nur farblich im Kontrast zur dynamisch-frischen Farbe im Bildvordergrund. Wir blicken auf die Grundlage allen Seins, auf Blut als Saft des Lebens, auf Rot als Farbe der Liebe und Leidenschaft, aber auch der Aggression, des Feuers und des Kriegs. Sie ist somit die Farbe des Lebens und des Todes gleichzeitig, die dramatischte Farbe überhaupt und öffnet so gleichzeitig den Blick auf den Ursprung und das Ende.

„das drama macht die innerste, essentielle lebendigkeit erst anschaubar, es wird in den abgrund geschaut, der eine rational nicht zu fassende, schaudern machende wirklichkeit und naturkraft zeigt, die über leben und tod hinausgeht. eine ekstase, die bis in die bahnen der gestirne und in den verwandlungspunkt des todes reicht, fliesst durch uns und offenbart sich.“ (Hermann Nitsch, in: Mappe zur 20. Malaktion in der Wiener Secession, Wien 1987, S. 16)

Genau diese Unmittelbarkeit und Kraft, die die Schüttbilder Hermann Nitschs ausstrahlen, machen ihren großen Reiz aus und verweisen seine Arbeiten in die Reihe der großen Kunstwerke unserer Zeit.

(Sophie Cieslar)