Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

22. Juni 2023, 16:00 Uhr

Objektübersicht
Objekt

5002

Hermann Nitsch*

(Wien 1938 - 2022 Wien)

„Schüttbild“
1983
Dispersion auf Leinwand; ungerahmt
200 x 300 cm
Rückseitig signiert und datiert: Hermann Nitsch 1983

Provenienz

Schloss Prinzendorf;
Galerie Krinzinger, Wien;
Privatsammlung, Los Angeles;
Privatsammlung, Mexico City

Schätzpreis: € 100.000 - 200.000
Ergebnis: € 147.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

In seinem „Orgien Mysterien Theater“ vereinigte Nitsch Malerei, Aktion, Theater und Konzert und beanspruchte bewusst alle fünf Sinne der Teilnehmenden. Er interpretierte das Leben als Passion, den Malprozess als verdichtetes Leben und damit als Inbegriff der Passion. Symbole wie Blut, Fleisch, Tod und Kreuzigung, aber auch Tabu-Themen wie die Schlachtung von Tieren sollen die Teilnehmenden und auch späteren Betrachter der Relikte zur Reflexion anregen und eine Katharsis bewirken.

Aus dem Aktionismus des Orgien-Mysterien-Theaters entwickelte Nitsch seine eigene Variante des Informel: das Schüttbild. Eigentlich als Nebenprodukt aus groß angelegten Aktionen hervorgegangen, wurden diese erst in den 1980er Jahren, parallel zum Boom der neuen wilden Malerei, von Nitsch als eigenständige Werke etabliert. Sie sind das konzentrierte Ergebnis der Malaktionen, reflektieren aber auch seine Auseinandersetzung mit Jackson Pollock und dem Action Painting wieder.

Dabei war die Aktion des Schüttens ein symbolträchtiger künstlerischer Vorgang und gesteuerter Zufall das Ergebnis. Die Farbe Rot steht für Blut, das eigentliche Medium, das der Künstler zur Vermittlung seiner Vision verwendete. Die Farbreste auf der Leinwand stehen als Dokumentation eines geheiligten Vorgangs. So ist das Bild nur noch der indirekte Überbringer einer Botschaft, die bereits in der Aktion übermittelt wurde.

Aus dem Schüttbild und den performativen Zufallsrelikten wurden Bodenbilder, Bilder mit Fuß- und Fingerspuren, farbige Rinnbilder, die "Kathedrale der Farben" und die „Springbrunnenbilder", bei denen eine Bildcollage mit den seit 1986 mitverwendeten Malhemden entstand.

Der Umgang mit Farbe als Ritual, Kunst als religiöser Vorgang um Katharsis zu erreichen, waren und blieben bis zuletzt Weg und Ziel des Werkes von Hermann Nitsch.

(Ina Waldstein)