Auktionshaus

Auktion: Evening Sale - Zeitgenössische Kunst

27. November 2023, 19:00 Uhr

0037

Alfred Hrdlicka*

(Wien 1928 - 2009 Wien)

„Countdown“
1974
Öl, Kohle, schwarze Kreide auf Leinwand; gerahmt
220 x 252 cm
Signiert und datiert links unten: Alfred Hrdlicka 1974

Provenienz

Dorotheum Wien, 25.11.2010, Lot 1125;
Sammlung Sanziany & Palais Rasumofsky, Wien

Literatur

Wilhelm Gall. Kunst des 20. Jahrhunderts. Sammlung Reinheimer, Stuttgart 1983, S. 238, Abb. S. 175.

Schätzpreis: € 70.000 - 140.000
Ergebnis: € 72.550 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Mit seinen tabulosen Darstellungen menschlicher Abgründe, avancierte Alfred Hrdlicka zu den wichtigsten Künstlern der österreichischen Moderne. Im Zentrum seines Schaffens steht der Mensch mit all seinen Facetten. Dabei bediente sich Hrdlicka einem realistischen Formenvokabular, das expressive und figurative Elemente vereinte. Damit nahm er eine Gegenposition zur allgemein verbreiteten Abstraktion im 20. Jahrhundert ein. Zu seinen bedeutendsten Arbeiten zählt das Mahnmal gegen Krieg und Faschismus in der Wiener Innenstadt. Hrdlicka, den man vor allem mit der Bildhauerei assoziiert, hinterließ auch ein bedeutendes malerisches und grafisches Werk. So studierte er zunächst an der Wiener Akademie Malerei bei Josef Dobrowsky und Albert Paris Gütersloh und hing dann noch ein Studium der Bildhauerei bei Fritz Wotruba dran.

Das großformatige Bild "Count down" aus dem Jahr 1974 geht auf Hrdlickas Zyklus Randolectil zurück, den er 1968 in verschiedenen Medien anfing. Der Name Randolectil geht auf ein Medikament zurück, das man in der Psychiatrie verwendete. Im Motiv versammelt sich von links nach rechts die Melancholie, Hamlet sitzend, die Nachtschwester und vermutlich Hrdlickas erste Ehefrau Barbara. Sie dürfte auch der Ausgangspunkt für den Zyklus gewesen sein. Sie war wegen ihrer psychischen Erkrankung in geschlossenen Einrichtungen. Hrdlicka hat sich damals selbst einweisen lassen, um die Welt der psychisch Kranken und deren Behandlungsmethoden zu studieren. Sein Interesse richtete sich auf die Halluzinationen der Erkrankten und deren bildnerische Umsetzung. Hrdlicka drückte es einmal so aus: „Ich bin also für Kunst, die sich mit Wahn beschäftigt, in gewisser Hinsicht natürlich auch für Kunst, die vom Wahn erzeugt wird, aber gegen jede Bestrebung, die das Krankheitsbild retuschiert, vom angeblich so kreativen Wahndenken subtrahiert und mit der Fata Morgana eines erstrebenswerten bildnerischen Begnadetseins operiert“ (Michael Lewin: Alfred Hrdlicka. Das Gesamtwerk. Schriften, Wien (u. a.) 1987, S. 21).

(Stefan Üner)