Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

27. November 2023, 16:00 Uhr

0306

Hermann Nitsch*

(Wien 1938 - 2022 Wien)

„o.T. (12. Aktion, 6.9.1965, Cibulka Wohnung, Wien)“
1965
Fotografie auf Leinwand gedruckt, überarbeitet mit Acryl; gerahmt
127 x 100 cm
Signiert und datiert links oben: Hermann Nitsch 1965
Rückseitig mit Stempel versehen und signiert: O.M. Theater Nitsch, Hermann Nitsch

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Auktion ist beendet.

Künstler, Messias, Märtyrer. Der Maler und Aktionskünstler Hermann Nitsch zählte zu den schillerndsten Künstlerpersönlichkeiten der österreichischen Nachkriegskunst. Sein interdisziplinäres Werk, das zwischen Malerei, Grafik, Bühnenbild, Film und Fotografie pendelte, vereinte philosophische, religiöse und performative Aspekte zu einem blutigen Gesamtkunstwerk. Nitsch‘ Werke befinden sich in internationalen Sammlungen wie im Centre Pompidou in Paris oder dem MoMA in New York. Bekanntheit erlangte er in den Sechzigern, wo er neben Günter Brus, Otto Muehl und Rudolf Schwarzkogler zum Mitbegründer und Redensführer des Wiener Aktionismus wurde.

Die vorliegende Fotografie in Kombination von Öl zählt zu Nitsch‘ 12. Aktion, die am 6. September 1965 in der Wohnung des Künstlerpaars Heinz und Franziska Cibulka in der Kaiserstraße 16, 1070 Wien stattfand. Zu den beteiligten Akteuren zählten Heinz Cibulka, Hermann und Eva Nitsch. Die Aktion dauerte acht Stunden und wurde von Franziska Cibulka fotografisch und von Herrmann Nitsch filmisch dokumentiert. Der nackte Körper wird hier zum geschundenen Ecce homo stilisiert. Die Arbeit ist ein Schlüsselwerk des Wiener Aktionismus, wo Hermann Nitsch zur Hochform auflief. Über seine frühen Körperaktionen äußerte sich Nitsch einmal so: „bei meinen frühen dramatischen versuchen ging es mir darum, von anfang an den theaterbegriff bzw. die theaterpraktiken zu erweitern. ich kann mich erinnern, dass es für mich eine grosse faszination ausgeübt hat, einen auf der tragbahre liegenden menschen teilweise zu entkleiden und sein geschlechtsteil zu waschen. die sichtbarkeit der nacktheit, der schamhaare musste für das neue theater gebraucht werden. sehr schnell entwickelte sich, dass die nacktheit, der nackte mensch, ins theater einzug hielt. der nackte menschliche körper wurde als darstellungsfeld der kunst endteckt.“ (Hermann Nitsch. Das Gesamtkunstwerk des Orgien Mysterien Theaters, Köln 2015, S. 140)

(Dr. Stefan Üner)