Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

28. Juni 2022, 17:00 Uhr

0230

Christian Friedrich Gille

(Ballenstedt 1805 - 1899 Wahnsdorf bei Dresden)

„Blick aus dem Plauenschen Grund bei Dresden hinauf zu den Häusern von Alt-Coschütz“
um 1860/65
Öl auf Leinwand auf Karton
36,5 x 26 cm
Rückseitig auf Etikett bezeichnet: „Deutscher / Romantiker. / C[h]. Frd. Gille.“

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Gutachten von Dr. Gerd Spitzer, Bad Harzburg, 14. März 2022, liegt bei. Das Gemälde wird in das Werkverzeichnis aufgenommen.

Schätzpreis: € 5.000 - 10.000
Ergebnis: € 6.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Die außerordentlich reizvollen Ölstudien des Landschaftsmalers Christian Friedrich Gille, der Johan Christian Dahls talentiertester Schüler war, haben in der letzten Zeit zunehmende Aufmerksamkeit erfahren, und sein Name wird heute unter den wegweisenden Dresdener Künstlern des 19. Jahrhunderts genannt. Die vorliegende Arbeit, darf als eine wirkliche Entdeckung bezeichnet werden, denn sie gehört zu den seltenen Beispielen, in denen der Künstler die Erfahrungen seiner umfangreichen Studienarbeit in ein kleines Ölbild einfließen ließ, bei dem unmittelbare Naturerfahrung und eher bildmäßige Anlage des gewählten Motivs in bester Weise zusammengehen. Diese Charakterstik weist auch bereits auf eine Entstehungszeit etwas nach der Mitte des 19. Jahrhunderts hin, als der Maler sich verstärkt um Anerkennung und öffentliche Aufmerksamkeit bemühte.

Dargestellt ist der Blick auf einen steilen Abhang, der mit Bäumen und Strauchwerk bewachsen ist, und über dem die Gehöfte einer dörflichen Bebauung schemenhaft sichtbar werden. Darüber wölbt sich ein wolkenlos blauer Sommerhimmel. Der Vergleich mit motivisch ähnlichen Zeichnungen und Ölgemälden von Gille lässt die Vermutung zu, dass es sich hier um einen Blick aus dem Plauenschen Grund hinauf nach Altcoschütz handeln könnte. Gille hat in diesem Umfeld nahe der Stadt Dresden wiederholt Studien getrieben. Dies würde auch die Datierung stützen, denn ein vergleichbares Ölbild vom Ort ist der Bezeichnung nach 1860 entstanden.

Auch die charakteristische Farbpalette Gilles, die sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt in jeweils typischen koloristischen Akzenten weiterentwickelte, weist auf eine solche zeitliche Einordnung hin. Typisch sind hier die kontraststarken kleinen Farbakzente der Blüten in Rot und Gelb, die zum stimmigen Gesamtklang der Farbkomposition wichtige Elemente beitragen. Ansonsten arbeitet der Maler mit einer tonigen, fein in sich differenzierten Farbigkeit, bei der einige Partien, auch die Häuser über dem Abhang, eher summarisch durch ineinander verfließende Farbflächen angedeutet sind, während andere deutlicher in der Formwiedergabe charakterisiert werden, wobei beide Möglichkeiten sich zu einer gestalterischen Einheit zusammenfinden. Diese souveräne Variablität bei der Handhabung der malerischen Mittel, mit der die mannigfachen Farben und Formen der Vegetation optisch umgesetzt werden, ist auch dort zu beobachten, wo Formbildungen wie Bäume und Sträucher, Zweige und Laubwerk, Kräuter und Grasbewuchs, mit unterschiedlicher Schärfe des Blicks wahrgenommen und in ebendieser Weise malerisch ins Bild gesetzt werden.

In dem bisher dokumentierten Werk von Christian Gille lassen sich mehrere Arbeiten finden, die in ihrer malerischen Auffassung dem vorliegenden Werk nahe kommen, so dass die Bestätigung der Autorschaft auch dadurch unterstützt wird. Da Gille von den späten 1820er Jahren an bis in sein letztes Lebensjahrzehnt hinein seine Studien ausgeführt hat, aber nur selten datierte, bereitet die chronologische Ordnung des Gesamtwerkes mitunter Schwierigkeiten, wobei diese für die kunsthistorische Einordnung im Bezugsrahmen des 19. Jahrhunderts durchaus von Bedeutung ist. Im vorliegenden Fall lässt sich die Entstehung nach allen bisher vorliegenden Hinweisen zum Werk von Christian Gille in den Zeitraum um 1860/65 einordnen, wie eine Reihe von charakteristischen Eigenheiten in der malerischen Behandlung, im Kolorit und in der Auffassung des Motives nahelegen. (Dr. Gerd Spitzer)