Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

17. Dezember 2020, 14:00 Uhr

1365

Carl Moll

(Wien 1861 - 1945 Wien)

„Beaulieu, Straße“
um 1926
Öl auf Holz
35,5 x 34 cm
Monogrammiert rechts unten: CM

Provenienz

österreichischer Familienbesitz (direkt vom Künstler erworben);
Auktionshaus im Kinsky, 17.06.2008, Nr. 198;
österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

1931 Wien, Secession, CXVII., wohl Kat.-Nr. 90;
2013 Wien, Szaal, Kunst, Kat.-Nr. 16, Abb. S. 35

Gutachten von Peter Kovacek, Wien, Mai 2009, liegt bei.

Das Gemälde wurde von Frau Dr. Cornelia Cabuk unter der Nummer GE 379 für das Werkverzeichnis Carl Moll in der Reihe der Belvedere Werkverzeichnisse dokumentiert.

Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Ergebnis: € 57.600 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

In seinem um 1926 gemalten Bild Beaulieu, Straße bietet Carl Moll auf nahezu quadratischem Format eine rasante Perspektive die Straße entlang, welche die ligurische Küste Italiens über Genua mit der französischen Riviera und Beaulieu verbindet. Regelmäßig verbrachte Moll in den späten zwanziger Jahren die Wintermonate im Süden Frankreichs. Mit zwei Automobilen und etlichen Passanten zeigt er den regen Verkehr auf dieser Bergstraße an der schroffen Steilküste der touristisch bereits erschlossenen Region. Obwohl das Meer nicht unmittelbar sichtbar ist, vermittelt er anhand der hellen, kräftigen Blau-, Rot-, Rosa- und Grüntöne authentisch die mediterrane Atmosphäre und das helle Licht des Südens. In der Umsetzung des Lichts in Farbe gestaltet er den Augeneindruck gemäß der impressionistischen Sichtweise, der Duktus erscheint hingegen dynamisch und temperamentvoll und weitgehend unabhängig von der Gegenstandswelt. Auf diese Weise interpretiert er mit erheblicher malerischer Freiheit ein Äquivalent des Sichtbaren, wobei er die Farbe flächig und pastos aufträgt. Die daraus resultierende formale Struktur lässt wie bei den provenzalischen Bildern von Cézanne das Gesehene plastisch hervortreten. Moll der mit seinem Freund, dem deutschen Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe, die Wirkstätten Renoirs und Cézannes im Süden Frankreichs besuchte, hielt diese für die größten Meister ihrer Zeit. Diese Einschätzung publizierte er im Katalogvorwort der von ihm kuratierten, bedeutenden Ausstellung "Die führenden Meister der französischen Kunst im XIX. Jahrhundert" der Museumsfreunde in der Secession im Jahr 1925. Die Inspiration durch die französische Malkultur wird in seinem Spätwerk der folgenden Jahre, wie in diesem Bild der Straße nach Beaulieu in der leuchtenden Farbstimmung besonders bemerkbar. Hier betont Moll jedoch im Gegensatz zu Cézanne, die Geschwindigkeit und das Erlebnishafte der modernen Impression. 1931 zeigte er in der Secession anlässlich seines siebzigsten Geburtstags eine Kollektion, darunter zahlreiche Motive aus dem mediterranen Süden, bei der mit großer Wahrscheinlichkeit auch dieses Bild ausgestellt war. Der Kunstschriftsteller Arthur Roessler charakterisierte diese Bilder als „lustvolles Ja-Sagen zur allgegenwärtigen Daseinsschönheit“ sowie auch als „bildmäßig harmonische Gestaltungen schöner Weltsichtbarkeiten.“ (Roessler, Arthur: Carl Moll. Zum 70. Geburtstag des Künstlers am 23. April 1931, in: Österreichische Kunst. Monatshefte für bildende Kunst, H. 4, Wien 1931, S. 11–17)
(Cornelia Cabuk)