Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

20. Juni 2017, 18:00 Uhr

0271

Koloman Moser

(Wien 1868 - 1918 Wien)

„Schwertlilien“
1911/14
Öl auf Leinwand
75 × 75 cm
Signiert und datiert rechts unten: Kolo Moser / 11-14
Nachlass-Stempel rückseitig auf Leinwand
Nachlass-Nr. 8 rückseitig am Keilrahmen
Rückseitig Ausstellungsetikett Residenzgalerie Salzburg 1967

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers;
geerbt von Editha Hauska, Karl und Dietrich Moser, Wien;
durch zweimaligen Erbgang auf den gegenwärtigen Eigentümer übergegangen (österreichischer Privatbesitz)

Ausstellung

1920 Wien, Kunstverlag Wolfrum, Kolo Moser-Nachlass-Ausstellung, 23. Nov. - 15. Dez., Nr. 8;
1967 Salzburg, Residenzgalerie, Österr. Meisterwerke aus Privatbesitz - vom Biedermeier bis zum Expressionismus, 3. Juni - 30. Sept., Nr. 64, Abb. 31;
1969 Graz, Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Kolo Moser. Malerei und Grafik, Nr. 30

Literatur

Bruno Grimschitz, Österreichische Maler vom Biedermeier zur Moderne, Wien 1963, Abb. 124;
Gerd Pichler, Koloman Moser. Die Gemälde. Werkverzeichnis, Wien 2012, WV-Nr. 176, Abb. S. 163

Schätzpreis: € 250.000 - 500.000
Ergebnis: € 614.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das Gemälde „Schwertlilien“ nimmt im malerischen Schaffen Koloman Mosers einen besonderen Stellenwert ein. Im bislang bekannten, rund 205 Gemälde umfassenden Oeuvre Mosers markiert es den Schlusspunkt von Mosers Gartenbildern. Sein Interesse für die Darstellung von Gartenmotiven und Blumenstillleben ist ab 1909 dokumentiert. Wie in seinem gesamten malerischen Schaffen sind Mosers Gartenbilder Studien zur Farbenharmonie und zur Erzeugung des Lichts in einem Gemälde. Die Fragen der künstlerischen Kontraste und der Verteilung der einzelnen Gegenstände im Bildraum beschäftigten ihn als Maler zeitlebens. Ebenso bleibt die Frage zum Verhältnis der genauen Naturwahrnehmung zur nachfolgenden künstlerischen Übersetzung in farblicher und flächiger Verdichtung immanent in seinem malerischen Schaffen.

Ein besonderer Reiz bei jedem Gartenbild Koloman Mosers ist es, dass uns in ihm alltägliche Motive aus dem direkten Umfeld des Künstlers begegnen. Auch wenn es im Einzelfall nur selten verifizierbar ist, finden wir oftmals einen intimen Ausschnitt aus Mosers Garten auf der Hohen Warte in Wien oder aus jenem bei der Villa Mautner-Markhof am Semmering abgebildet. Ganz alltäglicher Blumenschmuck in Hausgärten wird durch die malerische Betrachtung des Künstlers überhöht. Besonders signifikant sind die Lichtaureolen an den Blütenkonturen, welche die Blumen zum Leuchten bringen. Sie stellen ein signifikantes Stilmerkmal für Kolo Mosers Spätwerk dar, das er in seinen Betrachtungen zur Farbenlehre verankerte. Mosers Gartenstücke sind durch enge Bildausschnitte und Nahsicht gekennzeichnet, welche zu einer Monumentalisierung und großen Präsenz der dargestellten Blumen führen.

Kolo Mosers Datierung des Gemäldes unter seiner Signatur in der rechten unteren Bildecke gibt durchaus Fragen auf. Sie lautet „11-14“. Falls es sich um eine Monatsbezeichnung vor dem Jahr 1914 handelt, die eine Entstehung des Gemäldes im elften Monat, also mit November 1914 festlegt, wäre dies jedenfalls mit der Blütezeit der Schwertlilie im Mai/Juni nicht in Einklang zu bringen. Außerdem ist bislang kein Gemälde bekannt, das von Moser eine Datierung erhielt, welche seine Entstehung enger als auf das Jahr eingrenzt. Eine andere Auflösung der Datierung in der Signatur wäre daher, dass Moser über mehrere Jahre, nämlich von 1911 bis 1914, an dem Gemälde immer wieder gearbeitet hat. Die Fertigstellung der Naturaufnahmen im Atelier lässt immerhin verschiedene Spielräume zu. Farbigkeit und Lichtkonturen finden jedenfalls kaum Zusammenhang mit Mosers Schaffen von 1911, so dass seine Vollendung des Gemäldes mit 1914 angenommen werden muss.

Aus den Ausstellungsnachweisen mit Besitzangaben erschließt sich, dass das Gemälde noch 1969 im Besitz des Kunstverlages Wolfrum war, also im Besitz jenes Kunstverlags, der 1920 mit der Kolo Moser-Nachlass-Ausstellung seine neuen Geschäftsräumlichkeiten am Kohlmarkt 4 in der Wiener Innenstadt eröffnete. Die 276 Nummern (davon 251 Gemälde) umfassende Ausstellung war ein großer Verkaufserfolg. Innerhalb von drei Wochen wurden alle bis auf 20 Gemälde verkauft.
(Gerd Pichler)