Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

29. November 2016, 18:00 Uhr

0312

Josef Floch*

(Wien 1894 - 1977 New York)

„Lincoln arcade studio II“
1958
Öl auf Leinwand
89 × 54 cm
Signiert rechts unten: Floch
Nachlass-Stempel rückseitig auf Keilrahmen

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers;
österreichischer Privatbesitz

Literatur

Karl Pallauf, Joseph Floch - Leben und Werk 1894-1977, Wien 2000, WV-Nr. 591, Abb. S. 346

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Auktion ist beendet.

Im Sommer 1941 wandert Josef Floch mit seiner Frau Mimi und den beiden kleinen Töchtern nach New York aus. Es ist nicht leicht in der amerikanischen Kunstszene Fuß zu fassen in der Zeit des aufkommenden abstrakten Expressionismus, in der für Museen und öffentliche Sammlungen verstärkt gegenstandslose Kunst angekauft wird. Nach Kriegsende ab 1946 reist der Künstler alljährlich zurück nach Europa und kann das Pariser Atelier wieder beziehen. In Frankreich fühlt er sich mit seiner Kunst besser verstanden. Dennoch bleibt der Lebensmittelpunkt New York.

Das Interieur mit wenigen, isoliert wirkenden Figuren findet sich im Werk Josef Flochs - geprägt von der pittura metafisica - schon in den 1930er Jahren, in Amerika wird es zu einem vorrangigen Thema. Oft sind es Szenen im Atelier, in Räumen mit Treppen, Podesten und Fenstern, durch die man einen Ausblick auf die imposanten Hochhäuser New Yorks hat. Die Figuren sind vielfach in Rückenansicht wiedergegeben, vom Betrachter abgewandt. Wenn sie aus dem Bild herausschauen, ist ihr Blick traumverloren, seltsam abwesend. Typisch für Floch sind Gesichter mit schwarzen, großen Pupillen ohne Augenweiß, sodass sie etwas Maskenhaftes, Puppenartiges ausstrahlen. Die Einsamkeit seiner Figuren mag mit der Situation des Künstlers zu tun haben, jenem Gefühl der Isolation, das er wohl empfunden hat. Gleichzeitig drängen sich Parallelen zu Edward Hopper auf, der zur selben Zeit Bilder wie „Nighthawks“ und „Morning Sun“ malt. Es ist belegt, das Floch Hopper persönlich kannte, diesen in seinem Atelier besuchte und mit ihm auch die Reserviertheit der abstrakten Kunst gegenüber und das Propagieren des Figürlichen teilte.

1958 malt Josef Floch in seinem Atelier in den Lincoln Arcades eine stehende Frau in Rückenansicht. Es ist eines der letzten Bilder, die dort entstehen, bald darauf muss er ausziehen, da der Komplex abgerissen und an seiner Stelle das heutige Lincoln Center errichtet wird. Neben der figuralen Darstellung geht es in den Bildern Flochs immer um die zentralen Themen Farbe, Raum und Licht. Schon 1946 schreibt der Künstler: „Die Gefahr ist die Schwere der Farbe. Darüber stolpere ich oft. In Frankreich war das schwebende Leichte in der Luft, und so war immer die Kontrolle da.“ (Karl Pallauf, Josef Floch. Leben und Werk. 1894 – 1977, Wien 2000, S. 57) In Amerika werden die Töne dunkler und intensiver, die Palette verändert sich, bisweilen arbeitet er auch mit der Spachtel, um sfumato-artige Übergänge zu erzielen, die den Eindruck des Träumerischen noch verstärken. Die Settings wirken wie Bühnenbilder, durch mehrere Fluchtpunkte entsteht eine interessante Raumverschachtelung. Der Tisch im Vordergrund ist steil aufgeklappt, hinter der Frau führen Stufen auf eine Balustrade mit einer halbgeöffneten Terrassentür, durch die Licht in den Raum dringt. Rechts davon steht ein eigentümlich klein geratener Stuhl. In einer früheren Version des Bildes ist statt des Tisches im Vordergrund eine weitere Frauenfigur zu sehen, die sitzend die Arme um sich geschlungen hat. Hier ist sie dem Stillleben mit der kobaltblauen Kanne gewichen. Dieser intensive Farbton wiederholt sich auf der Wand links hinten und rechts am Türrahmen. „Ich kenne keinen Zeitgenossen, der eine solch neuartige Sichtweise eines Interieurs zu malen versteht“, schreibt der französische Kunstkritiker R. Rey 1947 (Pallauf, S. 59) und beschreibt treffend den Stellenwert, der Josef Floch sowohl in der europäischen wie der amerikanischen Kunstszene zukommt. (Sophie Cieslar)